Jedes
Jahr Anfang November trifft sich in Hamburg internationales Publikum aus der Schifffahrtsbranche, fegt sich an rund
fünfhundert Tischen (oder auch fünfhundert runden Tischen) ungefähr viertausend
Kilogramm gekochte Schweinefüße rein, feiert sich selbst und
knüpft im Brausebrand geschäftliche Kontakte - vorausgesetzt man kann sich am
nächsten Tag noch daran erinnern. Aufgrund diverser alkoholischer Entgleisungen in den letzten Jahren, tauften wir das Eisbeinessen zum
Eisbeintrinken um.
Ab
und zu komme ich außerhalb meines Mutterdaseins ja doch noch mal vor die Tür
und so möchte ich dieses Jahr dem Eisbeintrinken gerne beiwohnen. Allerdings
bin ich spät dran. Vor dem CCH kommen mir die ersten Gestalten bereits
schwankend entgegen. Am Eingang habe ich Angst, dass die vorauseilenden Augen
eines Mannes in Schiffsuniform in der Drehtür eingeklemmt werden könnten, bevor
er sie vollständig erreicht. Aber das Schicksal ist gnädig. Er wird von seinen
Kollegen hineingeschubst und auch wieder herausgezerrt.
Ich
werde in Empfang genommen, geherzt und geküsst, habe meinen ersten Gin Tonic in der Hand und
alsbald geleert. An der Bar beobachte ich einen Mann und eine Frau, die sich
unterhalten. Genauer gesagt, er benutzt zum Reden seinen Zeigefinger
und tippt mit jedem vollständig artikulierten Satz auf ihr Namensschild,
welches auf ihrem nicht unerheblichen Vorbau prangt. Das Namensschild ist
ziemlich groß. Da er trotzdem Schwierigkeiten hat, sein Ziel zu treffen, gehe
ich davon aus, dass er bereits drei,acht im Turm hat. Gespannt auf ihren Busen
starrend, betreibe ich weiter Konversation mit lieben Menschen, die ich lange
nicht gesehen habe. Und da! Es passiert! Er verfehlt das Schild und sein Finger
landet direkt auf … Ich sehe gerade noch, wie ihre Hand ausholt und mit Schmackes seine
Wange trifft. Bääähm! Das hat gesessen. Jetzt kichert sie debil. Böser Teufel
Alkohol!
Unser
Grüppchen beschließt, die Bar zu verlassen und die Tanzfläche zu probieren. Es
ist ziemlich voll hier. Wir stehen zwischen Tanzfläche und Tischen in einem
Meer von Glasscherben. Die Tische sind gefüllt mit angetrunkenen Gläsern. So ist
das immer. Es gibt Getränke für lau und die Gläser werden achtlos irgendwo
abgestellt. Es gesellen sich fremde Gläser dazu und man findet das eigene Glas
nicht wieder. Na und? Holt man sich eben ein neues Glas. Wenn das die Kinder in
Afrika wüssten!
Wir
tanzen. Wild. Mein Tanzpartner nuschelt in einem fort, ich würde schweben wie
eine Feder. Ist entweder ein Mantra oder eine versuchte Loriot-Imitation. Kurz darauf wird die
Bühne von einem Helene Fischer Double besetzt. Peinliche Veranstaltung. Wir flüchten.
Unser Grüppchen verliert an Menschen. Der eine oder andere findet den Weg von der Porzellanabteilung einfach nicht mehr zurück. Wir stehen noch immer am Rande der Tanzfläche. Helene2 bemüht sich redlich, ein paar Fans um sich zu scharren. Vor der recht niedrigen Bühne stehen fünf Bodyguards, die dieses Vorhaben aufgrund ihrer Größe ungewollt konterkarieren.
Als meine Freundin ihren Fuß hebt, steckt der Fuß eines zerbrochenen Weinglases in der Sohle ihres Stilettos. Ich würde es gerne fotografieren … Wo ist Ichnicht mit seiner Kamera, wenn man ihn braucht? Finde ihn mit gelöster Krawatte und geöffnetem Panzer unter dem Tresen. Er ist betrunken. Wir sollten gehen.
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