Mittwoch, 17. Dezember 2014

Hamburgs edle Zahnmedizin


 
 
Wer kennt das nicht. Kurz bevor das Jahr den Löffel abgibt, noch einmal schnell zum Dentisten, sich den Stempel für das Bonusheft abholen. So auch ich.

Also mache ich im Dezember noch schnell einen Termin bei … ja, bei wem eigentlich. Einen Leibarzt in Sachen Kauleiste habe ich schon lange nicht mehr. Also stöbere ich im Internet und suche einen Zahnarzt in meiner Nähe. Nach drei Anrufen in verschiedenen Praxen bekomme ich endlich einen kinderkompatiblen Termin zwei Tage vor Weihnachten. Nützt ja nix.

Der Flummi ist jetzt mit vier Jahren auch soweit, dass man ihm zwischen seine Beißerchen gucken müsste. Die Murmel ist noch zu klein und blöderweise kämpft sie mit einer ziemlich heftigen Bronchitis, die sich noch zu einer Lungenentzündung auswachsen wird. Aber davon wissen wir noch nichts.

Also bündele ich für den Termin beide Kinder und mache mich auf in die Praxis. Schon beim Einparken fällt mir die schicke Villa auf und ich kontrolliere Straße und Hausnummer. Aber ja, wir sind richtig. Ich bekomme die schwere Haustür, nachdem der Türsummer geht, nur mit Schwung auf und ich falle mit Murmel auf dem Arm und Flummi an der Hand fast in einen lila Kunsttannenbaum, der hell erleuchtet im schmalen schlauchähnlichen Flur aufgestellt ist. Quetsche mich mit beiden Kindern an ihm vorbei bis zur nächsten Tür … nein, es ist nur der Rahmen, die Tür fehlt. In den Rahmen ist eine Klappe eingebaut, die gleichzeitig als Empfangstresen fungiert. Dahinter sitzt eine Frau neben einer knallblauen und ebenso künstlichen Tanne, wie sie am Eingang steht. Die Arzthelferin. Sie ist verdammt jung und bittet mich freundlich, im Wartezimmer Platz zu nehmen. Wir gehen bis zum Ende des Flurs und hier ist die Sammlung der schrillen Tannen dann komplett. Diesmal ist sie knallgrün.

Wir sind alleine, kein anderer Patient zu sehen. Das Wartezimmer ist ähnlich schlauchartig wie der Flur, ausgestattet mit einer fetten Heimkinoanlage, die beim Starren auf den Bildschirm mit Sicherheit Nackenprobleme verursacht. Meine Flöhe fühlen sich sichtlich unwohl in diesem Ambiente. Mein Murmelkind krabbelt auf mir herum und will heute sowieso nichts anderes, als nur Mama und mein Flummi krallt sich an meinem Arm fest.

Ein paar Minuten später werden wir aufgerufen. Mit zwei Kindern, die wie Koalabären an mir haften, folge ich der netten Frau ins Sprechzimmer und rede mit Engelszungen auf meinen Flummi ein, dass er sich auf den riesigen gelben Stuhl setzen möge. Es ist sein erster Zahnarztbesuch und er hat Angst. Aber schließlich ist er folgsam.

Dann kommt der Dentist bestens gelaunt um die Ecke geweht. Er ist seinen bunten Tannenbäumen wie aus dem Gesicht geschnitten, nur etwas korpulenter. 
Mund auf ... Augen zu! 
Die Milchzähnchen meines Flummis sind in Ordnung. Jetzt bin ich dran. Die Murmel weigert sich, meinen Schoß zu verlassen und so muss sie mit. Sie liegt jetzt röchelnd auf meinem Bauch, den Kopf in Mama vergraben. Ihr kleiner Körper glüht inzwischen. Hoffentlich beeilt sich Dr. Tanne. Der scheint allerdings von unserer Not nicht all zu viel mitzubekommen und referiert mir derweil einen Blumenkohl ans Ohr.

Nachdem er auch in meiner Kauleiste nichts zu Reparierendes finden kann, eröffnet er mir fröhlich, er lasse sich gerade zum Osteopathen weiterbilden und meint, mein Nacken  sei bestimmt völlig verspannt. Er würde mich gerne massieren. Bin ja sonst nicht auf den Mund gefallen, aber diesmal bin ich sprachlos und schicke nur einen hilfesuchenden Blick in Richtung Arzthelferin. Diese folgt unbeeindruckt weiter mit den Augen ihren Händen, die Werkzeuge sterilisieren und scheint nicht ansatzweise irritiert. So verharre ich weitere zwei Minuten in Schockstarre, bis es mir mit dem Gekraule endgültig reicht. Höflich bedanke ich mich für die unerwartete Entspannungsmaßnahme und ergreife mit meinen Flöhen die Flucht.

Überflüssig zu erwähnen, dass wir Dr. Tanne nie wieder besuchen werden. 

Foto: Ichnicht (Putzt sich jetzt eine geschlagene Stunde emsig die Zähne. Er ist aber auch ein Schisser!) 

Dienstag, 16. Dezember 2014

Von Spinnen und Frauen

Neben dem Toaster auf der Küchenzeile sitzt eine kleine Spinne schon seit dem Morgen und rührt sich kaum. Alle wirtschaften emsig um sie herum.
Um meinen Sohn zu motivieren, dieser kleinen Kreatur in die Freiheit zu helfen, sage ich: "Flummi, da sitzt einen kleine Spinne, die möchte gerne rausgebracht werden ... "
"Ja, von dir! Ihr Frauen müsst doch zusammen halten." kontert es mit der Nase zwei Zentimeter von der Spinne entfernt. 
 "Bitte?! Ich hab wohl ´ne Katze im Ohr!"


Er versucht sie minutenlang mit einem Finger auf den anderen zu schieben. Sie stellt sich tot.
"Was machst du denn da?"
"Ich versuche sie am Hintern auf meinen Hand zu schieben."
"Die ist doch so klein. Da kannst du doch gar nicht sehen, wo der Hintern ist."
"Doch! Sie hat einen ziemlich großen Kopf. Einen Dickkopf würde ich sagen."

Also von mir hat er das nicht.

Ichnicht steht derweil kreischend auf einem Stuhl und ist nicht fähig, ein Foto zu machen.
Foto: Fundus


Donnerstag, 4. Dezember 2014

Kleine Piraten und der Nikolaus


Meine Flöhe waren vor der Schule unter anderem in einem Kinderladen. In diesem Kinderladen mit Namen „Kleine Piraten“ ist die zweitwichtigste Figur - weil,  der Weihnachtsmann kommt ja nur nach Hause - der Nikolaus. Und jedes Jahr wird sein Besuch gebührend vorbereitet. Er soll sich ja schließlich auch wohlfühlen und nicht panisch und unverrichteter Dinge gleich wieder aus dem Haus stürzen.

Also buken die kleinen Piraten emsig Plätzchen, bemalten die Fenster weihnachtlich, bauten eine Krippe auf, richteten ihm eine Kuschelecke her, in der er verweilen und sich ausruhen konnte und stellten ihr Spielzeug parat, damit er sich damit die Zeit vertreiben konnte. Dann schrieben sie ihm einen erklärenden Brief dazu und gingen ganz aufgeregt nach Hause. 


Lieber Nikolaus,

schön, dass du uns dieses Jahr wieder besuchst. Wir haben dir Plätzchen gebacken und eine Kuschelecke gebaut, in der du ausruhen kannst. Unser Spielzeug darfst du natürlich auch gerne benutzen. Wir würden uns auch ganz doll freuen, wenn du morgen noch da bist, wenn wir kommen.

Liebe Grüße
Deine Piraten

In den Jahren davor, konnten sie bereits an weißen Fußspuren auf dem Boden erkennen, dass er da gewesen war. Diesmal hatte er sich die Füße anscheinend abgeputzt, denn es waren am nächsten Morgen keine zu sehen. Aber die kleinen Piraten fanden, was sie sich erhofften: gefüllte Socken und ein Antwortschreiben vom Nikolaus.


Meine lieben Piraten,

ich habe mich sehr über eure lieben Zeilen gefreut, es kommt nicht so oft vor, dass der Nikolaus einen Brief von Kindern findet, die er gerne beschenken möchte. Meine alten Fuß-Spuren hab ich noch gesehen und musste darüber schmunzeln… so habt ihr mich wenigstens das ganze Jahr über nicht vergessen können.
Dass ich mit euren Spielsachen spielen darf, ist sehr sehr nett von euch. Ich habe nur leider keine Zeit, um mit allen Dingen zu spielen, ich muss doch die anderen Kinder auch noch beschenken. Und sicher habt ihr alle zu Hause auch noch Stiefel oder Socken vorbereitet, die ich füllen soll … Ihr seht also, ich habe noch viel zu tun. Euer Angebot, mich in die Kissen zu kuscheln nehme ich aber gerne an und werde mich hier ein Viertelstündchen ausruhen … ach … es ist ja noch soooo viel zu tun … ich darf nur nicht einschlafen!!!
Chrrrrrrrrrrrrrr ... Oh … jetzt ist es doch passiert: ich bin kurz eingenickt. Sowas aber auch! Es ist eben sehr gemütlich bei euch … und die Krippe ist auch so schön … das Fenster so toll bemalt und geschmückt … das kann ich ja meinem Freund dem Weihnachtsmann berichten.
Nun muss ich aber schleunigst los, sonst schaff ich es nicht mehr, alle Geschenke zu verteilen!
Ich hoffe, ich konnte euch mit den gefüllten Socken eine kleine Freude machen …

Viel Spaß beim Spielen heute und denkt ab und zu an mich…

Euer Nikolaus


Fotos: Ichnicht (macht sich schon wieder heimlich daran, die Adventskalender zu plündern ... Ich muss weg!)

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Braune Weihnachtsmänner vom Dorf

Für alle jenseits des Christkindes ist der Weihnachtsmann von Kindheit an eine wichtige Figur des anstehenden Festes. Angeblich von Coca Cola erfunden, ist es jedoch so, dass der Grafiker Haddon Sundblom lediglich 1931 den Weihnachtsmann für Coca Cola zeichnete und dabei sein eigenes Gesicht für diesen gutmütigen Gesellen verwenden haben soll. Die Figur selbst geht auf den heiligen Nikolaus zurück, ist aber bitte nicht mit ihm zu verwechseln. Die rote Kluft erhielt der Weihnachtsmann bereits Mitte des neunzehnten Jahrhunderts.


In meiner Kindheit waren wir hin und wieder auch mal über Weihnachten bei meinen Großeltern. Wir erinnern uns? Das war der einsame Ort, mitten auf dem Land, wo es, wenn es dunkel war, so richtig dunkel war. Mein Opa war selbst ziemlich spät Vater geworden, meine Mutter für damalige Verhältnisse ziemlich spät Mutter und deshalb war mein Opa auch, so lange ich denken kann, bereits ein alter Mann, der den Schalk aber nichtsdestotrotz faustdick hinter seinen Ohren nicht unerheblicher Größe hatte.

Als ich noch klein war, saß ich verdammt gerne auf seinem Schoß, kämmte seine restlichen drei Haare mit meiner Puppenbürste, drehte an seinen Ohren und forderte ihn auf,  mit diesen zu wackeln, was er im Übrigen hervorragend konnte. Auch zählte ich gerne seine verbliebenen drei Zähne durch. 
„Opa! Mund auf!“ Opa folgte brav. 
Er hatte nicht viel übrig für die Dritten, die deshalb eigentlich mehr Zeit in der Schreibtischschublade neben der Bonbondose, denn in seinem Mund verbrachten. Auch konnte er mit seiner Zunge seine Nasenspitze berühren, was mich auf seinem Schoß sitzend wahnsinnig erfreuen konnte. Und das stundenlang.

Aber zurück zu Weihnachten.
Die Bescherung lief bei uns immer so ab: Wir versteckten uns vor dem Weihnachtsmann  … denn immerhin bestand ja auch die Gefahr, dass man keine Geschenke, sondern wegen miesen Betragens lediglich eine Rute bekam. Meine Mutter bemühte sich all die Jahre redlich, die Geräusche des Weihnachtsmannes zu imitieren. (Wenn ich so darüber nachdenke … irgendwie tut sie das bis heute.) Dann durften wir das Wohnzimmer betreten und den Baum und die darunter liegenden Geschenke bewundern.

Während Mutter und Oma unten die Stellung hielten war Opa mit uns restlicher Familie auf den Dachboden geflüchtet und sah mit mir zusammen in die Sterne -etwas anderes war aufgrund der Dunkelheit ja auch nicht zu sehen- und erzählte mir plattdeutsche Geschichten vom Wiehnachsmann. Unter anderem auch, dass dieser, der uns be- oder besser heimsuchen würde, braun gekleidet sein würde. Denn so wären sie, die Weihnachtsmänner vom Dorf … braun und etwas gruseliger als die in der Stadt. Hab ich ihm natürlich geglaubt. Damals glaubte ich schließlich noch an den Weihnachtsmann. Auf alle Fälle half es, dass kein neugieriger Geist voreilig in das Wohnzimmer stürmte und den Weihnachtsmann oder auch die -frau enttarnte.

Heute weiß ich: Weihnachtsmänner sind bunt und Großeltern sowieso das Größte!

Foto: Ichnicht (nickt emsig zu diesen Worten)