Damals …
und jetzt meine ich wieder ganz damals ... als wir kleinen grünen Mädels beschlossen
hatten, die DDR ohne zu fragen zu verlassen und als wir eines schönen sonnigen
Tages an der bulgarischen Grenze geschnappt wurden ... landeten wir in Sofia in einem Gefängnis der dortigen
Staatssicherheit.
Wie
sich später herausstellte, hatte man sich dort im Sommer `89 auf Flüchtlinge aus der DDR
spezialisiert … man sammelte sie, bis man einen Flieger zum Rücktransport komplett
befüllen konnte.
Wir
waren lediglich drei Wochen Gast dieser heimeligen Unterkunft.
Die Zelle, die wir Teenagegirls uns teilten, war ca. vier Quadratmeter, hatte kein Fenster und vor dem Podest, auf dem Matratzen
lagen, war ein schmaler Gang. Dort standen Wasserkanister und Pinkeleimer. Über der Tür, die mit einem Spion ausgestattet
war, hing hinter einem Gitter eine Glühlampe. Tagsüber lasen wir Mark Twain oder irgendwelche rote Schundliteratur und unsere Ernährung bestand vornehmlich aus Wasser und Brot mit Marmelade... eine sehr effektive Diät, wie ich fand.
Jeden
Morgen flog die Tür auf und wir wurden, mit Pinkeleimer und Kanister im Gepäck,
Wechselunterhose und Zahnbürste bewaffnet, zu einem Waschraum geführt. Dort befüllten bzw. entleerten wir ersteres wahlweise, wechselten unsere Unterhosen und wuschen sie mit Kernseife.
Geistesgegenwärtig hatten wir auch noch unsere Zahnbürsten aus dem Gepäck gerissen, als man uns dieses abnahm. So konnten wir uns hygienisch wenigstens einigermaßen in Schuss halten. Anders als andere Insassen dieses Etablissements.
Geistesgegenwärtig hatten wir auch noch unsere Zahnbürsten aus dem Gepäck gerissen, als man uns dieses abnahm. So konnten wir uns hygienisch wenigstens einigermaßen in Schuss halten. Anders als andere Insassen dieses Etablissements.
Hin
und wieder vergaßen wir den Pinkeleimer, was dann zu hysterischem Gegacker
führte … Himmel, was waren wir einfach zu erheitern! ... und ziemlichem Gestank
für die nächsten vierundzwanzig Stunden. Ich hatte einmal den Fehler gemacht und war
umgedreht, um den Eimer zu holen und diese Idee hatte mich um meine
wohlverdiente Morgentoilette gebracht. Dann wählte ich doch lieber den Gestank …
roch man eh nach einer Weile nicht mehr.
Der
Waschraum war anscheinend eine Sehenswürdigkeit, denn die Eingangstür war voll
verglast und es standen drei Stühle davor, die, sobald wir im Waschraum waren,
voll besetzt wurden: Jeden Tag drei andere Heinis, in Uniform gestopft und mit Schlagstock
versehen, die sich an der Tür die Nase platt drückten.
Glücklicherweise
gab es hinter dem Raum mit den drei Waschbecken noch ein separiertes Eckchen,
in dem sich die Dusche befand …davor eine weitere Tür … milchverglast. Was auch
wirklich nötig war … denn es war Sommer, ziemlich heiß und die Dusche für uns
die einzige Erfrischung des Tages.
Dass
den Schlagstockheinis vor der Tür nicht gefiel, dass wir die hintere Tür zum
Duschen schlossen, klingt jetzt irgendwie logisch.
So
wurden unsere morgendlichen Duschaktionen zum täglichen Zankapfel zwischen ihnen
und uns. Mal war die Tür angebunden und wir fummelten sie wieder los … mal war der
Wasserhahn in der Dusche abgeschraubt, so dass wir einen von den Waschbecken
entfernen mussten, um die Dusche wieder funktionstüchtig zu kriegen. Und jedes Mal
flippten die Herrschaften schier aus und trommelten mit ihren Stöckchen gegen
die Tür, dass wir dachten, gleich würden sie die Scheibe einschlagen.
Seltsamerweise
haben sie sich nie in den Waschraum getraut … uns nie auch nur ein Haar
gekrümmt.
Vielleicht
war es unsere grenzenlose Naivität und Dreistigkeit, die uns
vor Schaden bewahrte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass wir zu dritt
waren … oder tro tz aller Umstände albern, wie Mädels es in dem Alter nun
mal sind und damit einen gewissen Unterhaltungswert hatten.
„Nach Aussagen ehemaliger bulgarischer Grenzoffiziere, die die bulgarische Zeitschrift "Anti" schon Anfang 1993 veröffentlichte, zahlte die DDR-Botschaft in Sofia bulgarischen Grenzern für jeden getöteten DDR-Flüchtling eine Prämie in Höhe von 2000 Lewa, damals umgerechnet etwa 1000 D-Mark - im bettelarmen Bulgarien ein kleines Vermögen…"
...nachzulesen im Spiegel Online
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