Als sie siebzehn war,
verbrachte Julia ihre ersten Ferientage mit ein paar Freundinnen aus dem
Internat auf dem Zeltplatz in Teterow. Bis dahin saß sie die Sommer über immer
warm und trocken im Gartenhaus ihrer Eltern. Es war also neu für sie, so ohne
festes Gebälk über dem Kopf und sie
brauchte in gewisser Weise Mut zum Keim, um sich an Wanderungen zur Keramikabteilung
über den Zeltplatz, mit Klorolle unterm Arm, zu gewöhnen…zumindest für ein paar
Tage. Hat leider nicht geklappt… also das mit der Gewöhnung. Nach zwei Tagen im
Zelt, hatten Julia und Tanja, der es in dieser Hinsicht ebenso ging, die Nase voll von verregneten Nächten im Zelt ohne Bad.
In einer Kleinstadt wie
Teterow, ist es ziemlich einfach Kontakte zu knüpfen…erst recht, wenn man
weiblich und siebzehn ist. Man streift abends so durch das Städtchen und
findet schnell ein paar männliche Ohren, in die man hineinjammern kann,
dass man nachts im Zelt friert, sich schmutzig fühlt und ständig ach so großen Hunger und Durst
hat. Anschaulich untermalt von zwei Paar Wimpern: klimper... klimper...
Es fanden sich zwei junge
Burschen, die Julia und Freundin Tanja, nach ausgiebigem Gejammer, einluden,
sie zu begleiten… die Eltern des einen wären verreist. Die Jungs hatten allerdings keine
Ahnung, welch parasitäres Pack sie mit sich nahmen. Im Haus der Eltern
angekommen, fraßen und soffen sich die Mädchen erst einmal durch den Kühlschrank und verschwanden dann im Badezimmer. Das hatten sich die Jungs irgendwie
anders vorgestellt und versuchten Teile des Hauses, speziell das Badezimmer für
sich zurückzuerobern.
Ein Schelm, der Böses dabei
denkt.
Die Mädchen ihrerseits
hatten in weiser Voraussicht, einen Schrank vor die Tür gewuchtet und genossen
zu zweit ein ausgedehntes Wannenbad, während die Beiden vor der Tür nahezu
ausflippten. „Macht sofort die Tür auf!“
„Jaja… wir kommen gleich!“
Kicherndes Gegluckse und schwappendes Wasser in der Wanne waren die Reaktion
auf wildes Getrommel und Geschrei vor der Tür.
Frisch geflauscht und
duftend verließen sie nach Stunden schnurstracks nicht nur das Bad, sondern
gleich das Haus samt verstört dreinblickender Gastgeber, die sich müde vom
Trommeln und Brüllen auf die Couch zurückgezogen hatten.
„Gute Nacht, Jungs! Und
danke für Alles…“
Aber das Leben rächt sich manchmal
schnell.
Zurück auf dem Zeltplatz, nach illegal verbrachter Nacht im geliehenen Zelt, wurden sie morgens unsanft durch Rütteln am Nachbarzelt geweckt.
Vor dem Reißverschluss stand mit dem Rücken zu ihnen ein nur mäßig gut
gelaunter Herr und verlangte mit lauter Stimme den Nachweis einer entrichteten
Zeltplatzgebühr. Mistkacka!
Die Flucht runter zum See
gelang ihnen unbemerkt…dachten sie.
Es begannen Stunden des Auf- und
Ablaufens am Ufer und diverse Begegnungen mit der hiesigen Jugend, die ihnen
jedes Mal fröhlich winkend zurief: „Immer schön Schränke schieben, ne…“ und
sich dann vor Lachen bog. Sie fanden die sich wie ein Lauffeuer verbreitende
Geschichte offensichtlich „urst“ komisch.
Irgendwann hatten die Mädchen genug und schlenderten zurück zum Zelt, vor dem es sich der nunmehr missmutige Herr vom frühen Morgen gemütlich gemacht hatte und auf sie wartete. Zur Strafe sollten sie den zehnfachen Tagessatz von fünfzig Pfennig, sprich fünf Mark zahlen, den Zeltplatz verlassen und nie mehr wiederkommen. Es gelang Julia und Tanja diese Auflagen in Teilen einzuhalten. Sie tauschten das keimige Zelt gegen ein anderes ihrer Freunde, verbrachten noch ein paar lustige Tage auf dem Platz und hatten weiterhin großen Spaß mit der Kleinstadtjugend. Allerdings munkelt man, sie wären danach nie wieder Zelten gewesen.
Ichnicht sitzt mit Zelt im Zug nach Teterow, um Originalaufnahmen zu schießen und sich mit Julia zu treffen. Hat allerdings seine Kamera vergessen. Wieder mal.
Ganz schön ruhig hier... so ohne ihn.
Ganz schön ruhig hier... so ohne ihn.
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