Mein
Name ist Stanislaus. Ich bin ein Stubenkater … ein stattlicher Kater, der noch
nie die Wohnung verlassen hat. Es ist ein ganz normaler Montag. Naja, nicht
ganz normal. Ich habe DIE Gelegenheit, gebe
meiner Neugier nach und nutze ein offenes Dachfenster zum Ausstieg
aus meinem Stubenalltag. Es ist so schön sonnig … und es riecht so gut hier
draußen. Stolz schreite ich mein neues Terrain ab. Aber so ein Dach ist auch
irgendwie nur begrenzt benutzbar. Die Vögel sind immer schneller als ich. Da
vorne guckt so ein komisches Ding aus dem Dach heraus. Vielleicht ein Weg nach
unten? Ich springe mutig in einen dunklen Tunnel und … OH NEIN! Ich stecke
fest!
Komme
weder rauf noch runter. Meine Stattlichkeit … in Zahlen zwölf Kilo … stehen mir
jetzt mal voll im Wege. Und nun?
„Miau!!!“
Niemand
kommt.
Zwei
Tage vergehen. Es läuft jemand über das Dach. Aber er kann mich nicht sehen. Es
wird wieder Abend. Die Stadt ist ruhiger. „Miau!!!“
Ich
höre Kinder draußen nach mir suchen. Aber sie sind zu weit weg. Sie hören mich
nicht mehr. „Miau!!!“ Inzwischen habe ich alle Anstrengungen aufgegeben, aus
diesem unsäglich engen Tunnel zu kommen, in dem ich kopfüber feststecke. Ich
habe Durst, entsetzlichen Durst. Meine Zunge ist ganz dick und klebrig.
Inzwischen
ist Donnerstagabend. „MIAU!!!“
Da!
Sie hören mich! Die Bewohnerin des Dachgeschosses vermutet mich im Schornstein.
So also heißt dieser beknackte schwarze stinkende Tunnel. Und sie ruft mein Frauchen
an. Die ist sofort zur Stelle. Gemeinsam rätseln sie, auf welcher Höhe ich
stecke. Frauchen ruft kurzerhand die Feuerwehr. Rettung naht also. Ich kann
auch wirklich nicht mehr. Vier Tage hier und sechs von sieben Katzenleben sind
futsch.
Ein
Löschfahrzeug … nein, zwei halten vor der Tür. Die wollen es aber wissen. Zwanzig Mann stürzen durchs Haus … durch alle
drei Etagen … aufs Dach und wieder zurück. Keine Ahnung, was sie vorhaben. Sie
leuchten von unten in den Schacht … direkt in meine Augen. Wenigsten haben sie
sich davon überzeugen können, dass ich wirklich hier drin feststecke. Jetzt
klingeln sie an der Tür der mittleren Wohnung und wollen ein Loch in die Wand
im Wohnzimmer hauen. Wieso denn ausgerechnet da? Ich bin doch hier! Die andere
Wand! Die im Esszimmer! Hier oben! „MIAU!“
Sie rechnen die Entfernung in Schritten aus und korrigieren sich. Na prima. Jetzt stimmt wenigstens die Wand. Eine Wärmebildkamera kommt zum Einsatz. Warum benutzen sie keine Leiter? Die Polizei kommt auch noch und ordnet an, dass ein Loch in die Wand gehauen
werden MUSS, weil sonst „Gefahr im Verzug“ ist. Wirbeltiere MÜSSEN gerettet
werden. Ich kann also hoffen.
Gleichzeitig
arbeiten Feuerwehrleute oben auf dem Dach. Sie lassen Ketten auf mich fallen. Und jetzt arbeiten sie auch noch mit Kugeln und Eisenstangen! Was zum
Henker haben sie vor?
Ich verliere das Bewusstsein. Meine Katzenseele verlässt wenig später meinen Körper. Siebtes Leben futsch.
Ich verliere das Bewusstsein. Meine Katzenseele verlässt wenig später meinen Körper. Siebtes Leben futsch.
*
Auf
die Frage: „Schatz, wie war dein Tag?“ könnte die Nachbarin über uns heute
vielleicht wie folgt geantwortet haben:
„Ach
weißt du … nichts Besonderes. Ein ganz normaler erster Tag nach zwei Wochen
Urlaub. Heute war nur der Schornsteinfeger da und hat ein riesiges Loch in unsere
Küchenwand gehauen, denn hinter der Wand liegt der Schornstein, in den vor drei
Wochen die getürmte Katze aus dem Nachbarhaus geplumpst ist. Blöderweise ist
sie auf einem Mauervorsprung innerhalb des Schornsteins stecken geblieben.
Es gab einen ziemlich unkoordinierten Einsatz der Feuerwehr zur Rettung. Der
komplette Löschzug resignierte allerdings, nachdem die Männer in der Wohnung unter uns ein Loch
in die Wand geschlagen hatten, die Katze
aber nicht mehr sehen konnten und zog wieder ab. Auf die Idee im Internet nach
dem zuständigen Schornsteinfeger zu suchen, kam keiner dieser Leute. Der
hätte auf jeden Fall das nötige Equipment gehabt, um die Katze zu orten. Dann
hätten sie wahrscheinlich nicht wahllos ein Loch in die Wand unserer Nachbarn
gehauen. Zwei Meter unter der Katze.
Der
Schornsteinfeger hat am nächsten Tag versucht
die Katze herauszuholen. In seinen Messungen war er schon mal um einiges
exakter als die Feuerwehr. Nur leider hat das nicht funktioniert, da der
Vorsprung direkt zwischen unserer Wohnung und der Wohnung unter uns ist. Sieh es mal positiv: Unsere
Nachbarn haben jetzt zwei Löcher in der Wand, wir nur eines.
Jedenfalls
… die arme Katze ist jetzt draußen. Leider viel zu spät.“
Eins
ist sicher: Schatz muss sich setzen.
Ichnicht steht in Hut und Mantel mit seiner Kündigung an der Tür. Er findet es hier inzwischen grausamer als bei den Gebrüdern Grimm und ist nicht annähernd gewillt, ein Foto für diesen Post rauszurücken.
Ichnicht steht in Hut und Mantel mit seiner Kündigung an der Tür. Er findet es hier inzwischen grausamer als bei den Gebrüdern Grimm und ist nicht annähernd gewillt, ein Foto für diesen Post rauszurücken.
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