Donnerstag, 9. Oktober 2014

Ausgesperrt im Schlafanzug

Jaja … der Herbst ist da. ICH WEISS!
Und mit ihm ein etwas unberechenbares Wetter ... zumindest was die Feuchtigkeit von oben betrifft. Also bleiben die Räder für den Schulweg jetzt nicht immer draußen angeschlossen, wenn wir vermuten können, dass es regnen wird. Das bedeutet: Abends Rad rein in den Keller, morgens Rad raus aus dem Keller. So auch gestern und heute.

Es ist kurz vor acht. Ich habe aus praktischen Gründen noch meinen Schlafanzug an und lediglich eine Strickjacke übergeworfen, sehe aus wie rückwärts durch die Hecke gezogen … eben wie man so aussieht, wenn man morgens dem Bett entsteigt … und hoffe, dass ich auf meinem Weg in den Keller nicht einem der frisch geflauschten Nachbarn, die um diese Zeit gerne ihren Ritt zur Arbeit antreten, begegne.

„Murmelkind, machst du schon mal die Tür auf? Ich trag dir dein Fahrrad nach draußen.“
Das folgsame Kind, tut wie ihm geheißen und wackelt mit seinem Ranzen auf dem Rücken zur Tür, die auf den Garagenhof führt. Ich stelle das Rad vor die Tür, lasse das Rolltor zur Straße per Knopfdruck hochfahren und rede währenddessen in das Grau des Morgens hinein: „Mein Schlüssel steckt noch in der Kellertür, also hak die Tür bitte ein, damit ich gleich wieder rein … „

RUMS!

Ich stehe wie angewurzelt vor dem Tor, das gerade hochfährt und blicke entsetzt zur Tür, die resolut  in ihrem Schloss ruht. Mein Murmelkind guckt schuldbewusst, hat es aber zu eilig in die Schule zu kommen, als dass es sich mit mir zusammen über eine Lösung des Problems MutterimSchlafanzugohneSchlüsselvorderTür, auseinandersetzten könnte. Ich winke ihm nach und muss jetzt, so wie ich bin, ebenfalls durch das Tor auf die Straße, bevor sich dieses wieder automatisch schließt, das Haus umrunden und vorne klingeln.

Schön! Genauso hab ich mir das gewünscht! Hätte ich doch wenigstens die Haare schön. Nur für den Fall, dass doch ein duftender Nachbar durch die Tür weht, vor der ich stehe. Während ich die Klingel zu unserer Wohnung drücke, schicke ich ein Stoßgebet („Ich hoffe inständig, dass mein trödeliger total in sich ruhender Flummi, dessen Rad heute blöderweise vor der Tür steht, nicht inzwischen auf anderem Wege bereits das Haus verlassen hat!“) gen Himmel und muss an eine uralte Geschichte denken.

Schlüssel und ich … eine nicht besonders gelungene Kombination. Wenn ich zusammen rechne, was der Schlüsseldienst als solches bis jetzt an mir verdient hat … rechne ich lieber nicht! Jedenfalls habe ich irgendwann angefangen, wegen meiner „Schlüsselschwäche“ mit Netz und doppeltem Boden zu arbeiten. Das hat  sich bereits hin und wieder ausgezahlt.

Damals.
Also ich hatte noch keine Kinder, trug lediglich für mich und meine Dummheiten Verantwortung und fuhr in männlicher Begleitung in meinem Erdbeerkörbchen an die Ostsee, um dort ein lauschiges Wochenende zu verbringen. Für alle, die nicht wissen, was in diesem Zusammenhang ein Erdbeerkörbchen ist: Es handelte sich hierbei um ein altes Golf Cabriolet in schönstem Rosa Metallic ohne jeden elektronischen Schnickschnack. Nicht mal Servolenkung. Ich liebte dieses Auto … bis es nicht nur von oben sondern auch von unten offen war. Aber das ist eine andere Geschichte.


An der Ostsee angekommen, brach mir der Schlüssel im Schloss der Autotür ab. Nach kurzem Überlegen … Handys gab es damals bereits … rief ich den ADAC an. Ich hatte gehört, dass die gelben Engel auch helfen würden, wenn man kein Mitglied ist. Das könnte man während des ersten Hilfeeinsatzes werden. Unglücklicherweise war es an diesem Tag aber so neblig, dass alle Engel im Einsatz und helfende Hände somit nicht zu erwarten waren.

In meiner Not rief ich meine Freundin Fabienne an: „Hilfe! Ich brauche Hilfe! Hast du Zeit,  meinen Ersatzschlüssel fürs Auto aus der Wohnung zu holen und mir an die Ostsee zu bringen?“
„Ich bin gerade bei Caro.“ antwortete Fabienne und fragte in den Hintergrund: „Können wir mal kurz mit einem Autoersatzschlüssel an die Ostsee fahren?“
Nach einigen Rückfragen ihrer- und Erklärungen meinerseits war klar, dass sie kommen würden. Wildes Gekicher an beiden Enden. Wer gerade keine Abenteuer hat, der baut sich eben welche…

Die beiden fuhren los und klingelten sich durch das Tablot mit den Knöpfen, bis man ihnen  Einlass in das Mietshaus gewährte, unter dessen Dach sich damals mein Domizil befand. Ich hatte einen Ersatzschlüssel für die Wohnung auf dem Boden versteckt, der nur mit einem Vorhängeschloss gesichert war. Mit entsprechendem Werkzeug, die Mädels waren ja bereits gebrieft, brachen sie auf dem Boden ein und fanden den Wohnungsschlüssel an beschriebener Stelle.  Mit diesem bewaffnet, konnten sie sich jetzt in meiner Wohnung auf die Suche nach dem Ersatzschlüssel für das Auto machen. Da ich mich nicht mehr genau erinnern konnte, wo ich ihn gelassen hatte, war diese Aktion etwas aufwendiger. Einige Male wurde ich telefonisch nach weiteren möglichen Varianten des Aufenthaltsortes des Ersatzschlüssels befragt, über das Fortschreiten des Unterfangens unterrichtet, und konnte mich davon überzeugen, dass dieses von extrem guter Laune und einer in meinem Kühlschrank vorgefundenen Flasche Sekt begleitet wurde.

Endlich! Der Schlüssel war gefunden, wurde flugs durch den Nebel an die Ostsee transportiert und von uns ordentlich gefeiert. Meine Begleitung staunte sich ob der Organisation und deren Gelingens einen Wolf und ich war stolz auf meine Mädels. Danke dafür!

Der Türsummer geht, mein Schlafanzug und ich huschen flink ins Haus, rupfen hastig den Schlüssel aus der Kellertür und sind dankbar, heute mal keinem begegnet zu sein. Ich werde mich bestimmt nie wieder die nächsten zwei Wochen nicht über die stoische Gelassenheit meines Flummis beschweren. 

Foto: Ichnicht  (wühlt mal wieder in seinem Fundus)

4 Kommentare:

  1. Ist ja unglaublich, dass ich noch nie hier war. Aber jetzt. Hab mich 1A amüsiert und komme wieder! Liebe Grüße Nicole von nicmag :)

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  2. Das ist wirklich eine sehr amüsante Geschichte. Sowas kann immer wieder mal passieren. Am besten ist es wenn man sich dafür im Voraus einige gute Schlüsseldienste in der Nähe im Handy vermerkt hat.

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    1. ... Leider hat mein Schlafanzug keine Taschen ... :-(

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