Montags
regieren bei uns nahtlos aneinander gereihte Termine und Hektik. Jeden Montag. Mein Flummi
ist heute mal ausnahmsweise pünktlich zu Hause und ich stehe bereits in den
Startlöchern.
Nun gut, ihr ein Bein zu stellen, so dass sie lang hinschlägt und mit der Nase bremst, ist wahrscheinlich weniger schlau. Da helfen auch meine Interventionen á la: „Er mag dich eben und weiß nicht, wie er es dir zeigen soll. Weil … Jungs in dem Alter finden Mädchen normalerweise doof und ein Mädchen zu mögen ist uncool. Er sucht auf diese Weise deine Nähe. Willst du ihn vielleicht mal einladen?“ rein gar nichts.
Ich stehe vor dem Spiegel und posiere wie für die Wahl zu Miss Universum mit angewinkelten Armen, Fäuste nach oben. Chacka!
„Er hat mich nie gesehen und kackt sich vor Angst in die Hose! Vor mir … einhundertfünfunsechzig Zentimetern Mama! Ich bin Herkuline!"
Die Murmel kringelt sich …
Flummi untern Arm und ab, die Murmel im Schweinsgalopp einsammeln.
Wie
immer parke ich, sagen wir mal halblegal, unweit der Schule und schicke den
Flummi, seine Schwester zu holen. Es dauert nicht lange, da erscheint er wieder
in meinem Blickfeld … allerdings ohne die Murmel ... dafür schulterzuckend.
Ich
steige aus dem Auto und höre: „Ich finde sie nicht…!“
„Wie?
… Du findest sie nicht?“
Ich
beschließe notwendigerweise, mich an der Suche nach der Murmel zu beteiligen
und parke das Auto etwas gründlicher.
Währenddessen
hat der Flummi die Murmel gefunden, kommt mir entgegen und meint: „Ich weiß
jetzt, wo sie ist … aber ihr fehlt ein Stiefel.“
Bitte?
Ich hätte da mal ein paar Fragezeichen im Angebot …
Auf
dem Weg zu ihrer Klasse sehe ich meine Murmel, die mir mit einem Hausschuh und
einem Stiefel entgegen kommt, eine Klassenlehrerin, die irgendetwas zwischen
genervt und resignierend an die Wand gelehnt die Augen verdreht und noch zwei
oder drei andere Menschen, die wie nach Ostereiern suchend, die Flure entlang
springen, wahlweise den einen oder anderen Spind aufreißen oder am Boden unter Bänke krabbeln.
Es
entspinnt sich ein lustiger Dialog, während die Murmel vor mir herhumpelt. Zwei
verschiedene Schuhe sind offensichtlich wie eine Verletzung zu behandeln.
Die
Lehrerin: „Ihr Stiefel ist weg.“
Ich:
„Warum ist der weg?“
Die
Lehrerin: „Wissen wir auch nicht. Aber wir haben schon überall gesucht.“
Ich:
„Ist der wirklich weg oder einfach nur versteckt worden?“
Es
gibt da so einen Jungen, dessen Name bei meiner Murmel immer wieder Thema ist. Felix
ist nämlich der Murmelnerver schlechthin. Er ärgert sie immer und auch die
Mädchen, mit denen sie gerade spielt. Mit anderen Worten: Er mag sie!
Und
da er es so geschickt anstellt, ihr dieses zu zeigen, äußert sich die
Wertschätzung dessen aus Murmels Mund in folgender Form: „Felix ist ein Arsch!“
Nun gut, ihr ein Bein zu stellen, so dass sie lang hinschlägt und mit der Nase bremst, ist wahrscheinlich weniger schlau. Da helfen auch meine Interventionen á la: „Er mag dich eben und weiß nicht, wie er es dir zeigen soll. Weil … Jungs in dem Alter finden Mädchen normalerweise doof und ein Mädchen zu mögen ist uncool. Er sucht auf diese Weise deine Nähe. Willst du ihn vielleicht mal einladen?“ rein gar nichts.
„Ich
mag ihn aber nicht! Er soll aufhören, mich zu ärgern! … Und er ist ein Arsch!“
Okay.
Dann muss er es eben auf die harte Tour lernen. Ich bin raus.
Und
jetzt stehe ich unter Zeitdruck vor meiner Murmel mit zwei unterschiedlichen
Schuhen und möchte fragen: „Wo hat Felix, der Arsch, verdammt noch mal, den
Stiefel versteckt?!“
Die
Antwort naht in Gestalt einer Lehrerin aus Felixens Klasse, die energisch mit
Stiefel in der Hand aus der Toilette weht und vor sich hin wettert: „Ich wusste
es! Ich wusste doch, dass … und dabei haben wir doch die ganze Zeit aufgepasst,
damit er das nicht macht!“
„Wo
war der Stiefel? Und WER WAR DAS?“ formuliere ich betont langsam die Frage. „FELIX???“
Sie
hält inne, bemerkt mich als fremdes Gesicht zwischen ihren Kolleginnen und
winkt ab. „Neinein! Ich kann mir zwar denken, wer das war … aber Felix war das
nicht.“
Ah
ja. Versteh schon. Der kleine Datenschutz.
„Der
Stiefel war im Papierkorb in der Toilette.“ spricht´s und hebt hilflos die
Schultern.
Während
unter den Anwesenden eine Debatte losgeht, wer schon dreimal im Klo gesucht und
nichts gefunden hat, beuge ich mich zur Murmel und raune ihr ins Ohr: „Was glaubst
du, wer das sonst noch gewesen sein könnte?“
Sie
raunt zurück: „Vielleicht noch sein Freund Benno. Der macht immer mit beim
Ärgern.“
„Sonst
noch jemand?“
Sie
schüttelt den Kopf.
Es
wird also Zeit für eine kleine Ansprache. Ich baue mich auf dem Flur vor dem kleinen
Lehrerkollegium auf und referiere, wenn diese Art Aufmerksamkeitsgeheische
gegenüber meiner Tochter nicht aufhören sollte, würde ich mir den Kollegen
Streithahn selbst einmal vorknöpfen. Dann eilen wir vom Hof. Natürlich nicht,
ohne uns für den spontanen Einsatz des Suchtrupps zu bedanken. So viel Zeit
muss sein.
Am
nächsten Tag erzählt mir die Murmel, dass mein Referat Wirkung gezeigt hat. Sie
wären in der Klasse von Felix gewesen und er hätte Order bekommen, die Murmel
ab jetzt in Ruhe zu lassen. Sonst würde ich mich einschalten.
Aha.
Eine
Woche später ist Murmels Geburtstag. Ein Montag.
Ich
trage circa dreihundert Muffins hinter ihr in die Schule. Wir sind wieder mal
zu spät.
„Wo
sind deine Hausschuhe?“
„Wenn
sie nicht hier sind … dann in meinem Spind.“
Ihr
Spind ist natürlich leer. Ich rolle mit den Augen und gemeinsam mit den Muffins in
die Klasse, vermelde das Fehlen der Schuhe … und muss weg.
Heute
fehlt mir der Nerv für Suche und Debatten.
Am
Nachmittag berichtet die Murmel vom Auftauchen der Hausschuhe in einer anderen
Klasse und erzählt mit stolz geschwellter Brust und breitem Grinsen im Gesicht: „Als
ich Felix heute gesagt hat, dass du mich abholen kommst, ist er ganz schnell
abgehauen.“
Ich stehe vor dem Spiegel und posiere wie für die Wahl zu Miss Universum mit angewinkelten Armen, Fäuste nach oben. Chacka!
„Er hat mich nie gesehen und kackt sich vor Angst in die Hose! Vor mir … einhundertfünfunsechzig Zentimetern Mama! Ich bin Herkuline!"
Die Murmel kringelt sich …
Am
Ende des Tages beschließe ich, dass er wahrscheinlich doch ein netter Kerl ist ... ein kleiner Kerl ... aber immerhin ein Kerl.
Das erklärt per se einiges …
Foto: Ichnicht (ist nach Lesen des Textes ein wenig beleidigt ... Kerl eben)
Das erklärt per se einiges …
Foto: Ichnicht (ist nach Lesen des Textes ein wenig beleidigt ... Kerl eben)
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