Donnerstag, 21. Januar 2016

Von ostdeutschen Dealern und Sahnesiphons

Damals ... also ganz damals in der ostdeutschen Sandkiste ... 

Wenn die Jungs miteinander spielten, spielten sie oft Baustelle. Da gab es dann Kollegen auf der Baustelle, die miteinander kommunizierten. Und diese hießen eigentlich immer Paule. Brüllte also ein Kind von einem Ende des Sandkastens aus Leibeskräften: "Paule, komm mal rüber! Wir müssen hier ein Loch graben!"
Dann antwortete Paule ebenso aus Leibeskräften: "Ja, ich komm gleich, Paule! Ich muss erst noch das Loch hier zumachen!"
Der Sandkasten hatte eine Grundfläche von drei Quadratmetern und das Gebrüll zwischen den Plattenbauten schallte bis zur Ostsee. Hatten wir alle was von.

Als Paule dann größer war, dealte er - wie alle - mit dem, was ihm gegeben war. Beispielsweise war Paule inzwischen Kfz-Mechaniker und nahm Kunden mit defektem Trabbi entgegen. "Ihr Rücklicht ist kaputt? Mal sehen, wat sich da machen lässt. Kommse Montag in vierzehn Tagen wieda."
Montag in drei Wochen dann: "Leida war Ihre Kupplung ooch defekt. Dit Ding musstn wir austauschn." 
Für gewöhnlich freuten sich dann die Kfz-Besitzer. Gab es doch zufällig Kupplungen. Ausgerechnet dann, wenn man sie gar nicht brauchte. 
Aber wer weiß. Wow! 
Und sie fuhren glücklich nach Hause. 

Was sie nicht wussten: Es wurde gerade ein Berg Kupplungen geliefert. Also wurden in allen Fahrzeugen, die sich zu dieser Zeit in der Werkstatt befanden, die Kupplungen ausgetauscht. Auch die funktionstüchtigen Kupplungen. Diese wurden zur Seite gelegt und gebunkert um sie unter der Hand einzutauschen in das, was gerade wirklich gebraucht wurde. 

Paule war inzwischen sozialistischer Chef einer sozialistischen Werkstatt und mit einem sozialistischen Untergebenen namens Paule unterwegs, um Material zu organisieren. Sie nahmen den sozialistischen Privatwagen des untergebenen Paules und fuhren los. Vor einem Lampengeschäft wurde geparkt und Paule ging alleine ums Eck, um den Materialdeal perfekt zu machen. 

Währenddessen wartete Untergebenen-Paule vor dem Lampengeschäft. Das heißt, er ging in das Lampengeschäft, welches ihm bereits wohlbekannt und holte sich einen der heißbegehrten Sahnesiphons. Überflüssig zu erwähnen, dass Sahnesiphons - zu neudeutsch Sahnespender - ebenfalls Mangelware waren. 


Als Paule von seinem Deal zurück kam, um seine Beute im Kofferraum von Untergebenen-Paule zu versenken, registrierte er, dass dort neuerdings ein Sahnesiphon wohnte. 
Untergebenen-Paule war inzwischen in anderen Dingen unterwegs und saß gerade nicht im Wagen. Aber für Paule war es nicht schwer eins und eins zusammenzuzählen und auszurechnen, dass der Sahnesiphon aus dem Lampenladen kommen musste. Also nüscht wie rin da.

"Juten Tach. Hamse Sahnesiphons?"
"Könnse nich kieken? Wir vakofen Lampen!"
Paule wieder rückwärts raus. Und wartete im Wagen auf Untergebenen-Paule. 
Als dieser sich endlich blicken ließ: "Woher hast´n dit Ding hinten im Kofferraum?"
"Welchet Ding? Den Sahnesiphon?"
"Ja. Jenau den."
"Na hier aus dem Laden da."
"Da war ick ooch schon. Die Olle hat jesacht, se hat keene."
"Denn sach mir doch, dass du wat brauchst.", sprachs, verschwand im Lampengeschäft und kam mit einem Sahnesiphon zurück. 

Uns bleibt jetzt zu spekulieren, wofür Paule noch was gut hatte. 

Foto: Ichnicht (ist über und über mit Sahne besudelt und möchte nur noch Paule genannt werden)

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