Freitag, 15. August 2014

Ge(p)flogenheiten einer italienischen Familie





Es gibt ja manchmal so Situationen, da muss man betreten gucken aber eigentlich…

Wir kommen also mit totaler Verspätung in Viareggio, unserem ersten Domizil in Italien an und müssen warten, weil die Vermieterin unserer Ferienwohnung, inzwischen in ein Meeting abkommandiert wurde. Was tun? Essen! Ausgehungert und vom Raststättenangebot während der Reiserei nicht wirklich glücklich, machen wir uns auf den Weg zum Hafen.

In Deutschland lernt man, dass ein italienisches Restaurant, welches seine Gerichte sparsam auf ein paar Tafeln vermerkt, die dann an die Wand gehängt oder vom Kellner von Tisch zu Tisch getragen... gut sein muss. Eine schmale Speisekarte ist ein untrügliches Zeichen für frische Ware und damit einhergehend auch für gute Küche.
Check!

Es ist früher Abend und eigentlich noch nicht die Zeit, zu der der eingeborene Italiener sich auf Futtersuche macht.
Wir finden eine "SportsBar" am Hafen... ,denn es steht ein Fernseher auf der Terrasse in dem jemand auf einem Rad ein gelbes Trikot spazieren fährt. Lediglich vier Leute sitzen davor und starren hinein.
Aus der Küche kommt Geklapper.
"Aperto?"
"Sì!"
Schön!
Eine Tafel gibt es nur über der Küche und es stehen auch keine Preise darauf. Ein gutes Zeichen?
Was für die Heimat gilt, kann darf Italien ja nicht einfach außer Kraft setzen.

Auf der Terrasse zetteln wir hektisches Treiben an. Der Herr des Hauses richtet unseren Tisch. Wir bekommen sogar Tischdecken. Na also... jetzt wird´s gemütlich!
Sieht nach einem kleinen Familienunternehmen aus. In der Küche wirtschaftet Frau oder Schwester, auf der Terrasse hockt ein älterer Herr mit längerem grau gelocktem Haar, freiem Oberkörper und einem nicht gerade zierlichen Küchenmesser in der Hand. Er zerlegt mit diesem scheibchenweise eine Salsiccia, die vor ihm auf einem kleinen Küchenbrett parkt und schiebt sich die Scheiben direkt vom Messer in den Mund. Ich bekomme ein wenig Angst, als er mit dem Küchengerät gestikulierend auf mich zu kommt und mir erklärt, seine Tochter würde in der Küche das Essen zubereiten. Die Kinder weichen ein Stück zurück und starren auf die fuchtelnde Hand. Aber er tut uns nix… will wahrscheinlich nur spielen reden.

Eine ältere Damen, die dann wohl… so schlussfolgere ich… seine Frau sein muss, versucht sich trotz ihrer rechten Hand, die offensichtlich gelähmt ist, nützlich zu machen, indem sie die Tische auf der Terrasse abwischt.
Der Herr des Hauses kredenzt uns das Essen. Wir bekommen hausgemachte Nudeln, die wirklich hervorragend sind und schmatzen glücklich vor uns hin. Inzwischen füllt sich die Terrasse um uns herum und die Familie hat alle Hände voll zu tun.


Später... wir sitzen noch da, sehen im Fernsehen das gelbe Trikot vor einem Treppchen im Interview, trinken noch etwas, schlagen so die Zeit bis zu unserer Schlüsselübergabe tot. Die ältere Dame humpelt unermüdlich mit ihrem Lappen bewaffnet über die Terrasse und leert Aschenbecher. Wir spielen mit dem Gedanken, diese heiligen Hallen zu verlassen… da rumst es hinter mir. Links fliegt der Aschenbecher an meinem Ohr vorbei, rechts der Lappen an meiner Schulter. Mein Herz setzt einen kurzen Moment aus. Mit einem Ächzen ist die Nonna des Hauses mitten auf dem Kunstrasen der Terrasse zu Boden gesaust und hat gleichzeitig alles von sich geworfen. Sie ist gestolpert. Wir springen auf… währenddessen zieht sie sich bereits, flink wie ein Wiesel, an meiner Stuhllehne wieder auf die Beine. Ich habe zu tun, ein Gegengewicht zu schaffen. Man wird sagen, es habe ausgesehen, als hätten wir uns um den Stuhl gestritten.

Inzwischen steht die gesamte Familie auf der Terrasse und wir sammeln Aschenbecher und Lappen wieder ein. Die Nonna wird liebevoll von Ihrem Sohn an die Hand genommen und dazu verdonnert, sich jetzt -verdammt noch mal!- in die Ecke zu setzen. Macht irgendwie einen routinierten Eindruck.

Jetzt übernimmt der Nonno Lappen und Aschenbecher und schiebt seinen nackten Bauch durch die Tischreihen. 
Das Messer, was er dabei immer noch in der Hand hält …wir sollten gehen!
Genug Dinner for one für heut...

Ichnicht, was sagst du dazu?

2 Kommentare:

  1. Maria, ihm schmeckt's nicht! :-D

    AntwortenLöschen
  2. Danke für den Beitrag habe mich sehr amüsiert.
    Waren auch gerade erst in Italien und wollten ein Gardasee Haus kaufen da uns die Gastfreundschaft und das Lebensgefühl in vielen vergangen Urlauben einfach nicht mehr losgelassen hat.Könnte änliches erzählen aber eure Erfahrungen sind auch super unterhaltsam gewesen.

    AntwortenLöschen