Ferien im März. Und schönes Wetter.
Wir
wagen heute doch tatsächlich den dritten Versuch zum Minigolf. Das erste Mal
war es brechend voll, dann war geschlossen und heute, ja heute soll es endlich
klappen. Meine Flöhe radeln fröhlich vor mir her. Die Sonne scheint. Ein gutes
Ohmen, da bin ich mir ganz sicher.
Wir
sind fast angekommen, da legt mein Flummi eine Vollbremsung ein und beugt sich
zu einem rundlichen Etwas mitten auf dem Weg herunter.
„Mama,
ein Igel!“ höre -offensichtlich nicht nur ich- ihn brüllen.
Eine kleine Menschentraube
bildet sich um uns und den Igel, der völlig verschlafen mitten auf dem Weg im
Stadtpark hockt.
Eine
Frau meint: „Es ist noch viel zu früh für Igel.“
Ein
Mann: „Die wachen erst Ende März auf.“
Ich
überschlage im Kopf… na gut, es ist jetzt Mitte März aber es war auch nicht
mehr soooo kalt die letzten Tage. Vielleicht ist dieser Kollege ja tatsächlich
etwas früh dran. Dann fallen mir all die freilaufenden Hunde ein, die bis jetzt
unseren Weg kreuzten und ich beginne mich ernsthaft um das phlegmatische kleine
Stacheltier zu meinen Füßen zu sorgen. Mit abgebissener Nase würde es nur noch
halb so niedlich aussehen.
Wieder
die Frau, mit Blick auf meine Handschuhe, die ich trotz der zwölf Grad zum Radeln
trage: „Ich würde ihn ja mitnehmen … aber wir sind nicht von hier.“
Ja … ich verstehe schon … der Ball ist bei mir.
Die
Menschentraube begreift langsam, dass hier der Schwarze Peter, äh ... Igel gerade
verteilt wird und löst sich auf.
„Komm
Thorben-Hendrik! Ja, ja … ein Igel … lass uns weiter. Die Lara-Sophie möchte jetzt auf den Spielplatz ... da gibt´s auch Eis!“
Plötzlich
sind alle weg.
Die Frau ist noch da. Sie ist ja nicht von hier. Sie darf schlau
reden und den Igel mit ihrem Telefon fotografieren. Sie kann ja nicht helfen.
Und ist offensichtlich sehr erleichtert deswegen.
„Ihr Fahrradkorb ist doch perfekt. Und zu Hause den Igel vielleicht
in einen Karton … und ein Schälchen Milch hineinstellen?“
„Von
Milch bekommt ein Igel Durchfall!“ entfährt es mir. Ich nehme mein Telefon und
frage eine bekannte Suchmaschine nach Igelstationen.
"... Okay. Ist jetzt nicht sooo
weit weg. Minigolf fällt wieder aus und wir nehmen den Igel in Flummis
Fahrradkorb mit nach Hause. Dann sehen wir weiter." murmele ich vor mich hin. Die Kinder strahlen.
Minigolf ist doch mal kackfurzegal. Jetzt retten wir Igel!
Beherzt
hebe ich den Igel in den Korb und mein Flummi fährt die vorsichtigste Fahrt seines
Lebens, um jede Bodenwelle einen riesigen Schlenker. Murmel als Navigator
voraus, ich, pausenlos in den Korb starrend hinterher. Wir diskutieren während der Fahrt über Futter
für unser Findelkind. Darüber, dass es ja jetzt noch keine Schnecken oder
Würmer gibt und fragen uns, ob ein Igel nicht auch Äpfel frisst. Das würde
zumindest, was den Speiseplan angeht, einiges erleichtern.
Zu hause
angekommen, suchen die Murmel und ich einen Karton, den wir mit Küchenpapier auspolstern,
während der Flummi den Igel im Fahrradkorb bewacht.
Ich
ziehe noch ein paar Gartenhandschuhe über meine Handschuhe – so ein Igel ist
doch schon arg stachelig –, betrachte die zusammengerollte Kugel in meiner Hand
und sehe das eine oder andere Insekt auf seinem Gesicht und seinen Ohren umher
huschen. Brrrrrrrrrrrrrr…. Flöhe? Milben? Mit Ameisen haben diese Tiere
jedenfalls wenig Ähnlichkeit. Und ein Geruch! So ein kleines Wildtier kann schon
ganz schön stinken. Oder ist er krank und stinkt deshalb? Um die Aufregung in
diesem Hause nicht ausufern zu lassen, verteile ich Aufgaben. Mein Flummi soll
nach Igelfutter und Parasiten auf seinem Laptop suchen und die Murmel ist damit
beschäftigt, Gott und die Welt über unseren Mitbewohner zu informieren.
Währendessen kann ich denken und entscheide mich für einen Anruf beim Igel-Nottelefon.
Die
Dame am anderen Ende überschüttet mich sofort mit Fragen. Ob der Igel hustet
beispielsweise, ob er blutet, oder stinkt … Nun ja, da gibt es wahrscheinlich
unterschiedliche Wahrnehmungen. Ob er eine „Hungerfalte“ hat, wie viel er
wiegt … Ähm … Moment! Ich knalle die Küchenwaage auf den Esstisch und stelle
Igel samt Karton darauf, subtrahiere gefühlte zweihundert Gramm des Kartons und
komme auf ein schmales Ergebnis von fünfhundertfünfzig Gramm. In meiner Welt
ist es noch ein ziemlich junger Igel. Ob ich damit richtig liege, weiß ich
natürlich nicht. Fakt ist, er stellt sich selbst zum Weiterschlafen gerne auf
alle Viere. Das ist gut, wie ich lerne. Nur sehr kranke Igel liegen ständig auf
der Seite. Glück gehabt. Ich kann mit unerfahrenem Auge keine Defekte an diesem
kleinen Gesellen feststellen. Ob wir dann gleich mal zu ihr fahren können,
frage ich. Nein. Sie wäre nur der telefonische Notdienst. In Hamburg gäbe es
eine Auffangstation. Eine „Igelfrau“. Sie lebt seit 40 Jahren mit und für die
Igel. Sie gibt mir die Telefonnummer der Igelfrau und bietet weiterhin ihre
telefonische Hilfe an. Ich bin dankbar.
Den
Rest des Tages versuche ich die Igelfrau zu erreichen. Vorerst zwecklos.
Irgendwie muss ich aber mich und die Kinder beschäftigen. Sonst drehen wir UND
der Igel durch. Der will nämlich eigentlich immer nur schlafen und nicht alle
zwei Minuten seinen Kartondeckel gelüftet wissen. Also gehen wir erstmal
Katzenfutter kaufen, wie uns die Dame am Telefon geheißen hat. Ohne Soße und
ohne Gelee. Gar nicht so einfach. Fast in jedem Katzenfutter ist Soße oder
Gelee. Soße und Gelee enthalten Stoffe, die es den faulen Stubentigern
ohne Bewegung erleichtern sollen, sich auf dem Katzenklo zu entleeren. Igel
können das weniger brauchen. Mit nur einer Darmschlinge neigen sie doch eher zu Flitzkacke.
Wieder
zu hause, stürzen wir zu dritt natürlich sofort zum Igel … und ich entdecke
Blut und ein klebriges Sekret auf dem Küchenpapier im Igelkarton. Jetzt mache
ich mir doch etwas mehr Sorgen.
Die
Igelfrau! Wir brauchen jetzt dringend das Urteil der Igelfrau!
Fortsetzung hier.
Foto: Ichnicht (immer mit gesundem Abstand zum Stacheltier)
Fortsetzung hier.
Foto: Ichnicht (immer mit gesundem Abstand zum Stacheltier)
Hey, Du kannst doch nicht so einfach unterbrechen und sagen... so, jetzt ist Schlafenszeit, morgen lese ich Euch weiter vor...!!!
AntwortenLöschenHier geht´s weiter : http://normalerwahn.blogspot.de/2015/03/igeline-teil-2-oder-so-lebt-eine.html
Löschen;-)