Donnerstag, 26. Juni 2014

"Mama... mir ist schlecht!"



Sommer. Ferienzeit. Rückreise.
Wir wollen in den Flieger nach Haus… nach Hamburg steigen.

Natürlich. Mindestens ein Kind hat Hunger. Schnell auf dem Flughafen in Barcelona noch ein arschteures Baguette in das 8-jährige gestopft, damit es aufhört, nach Futter zu verlangen und los kann es gehen. 
Moment! Ich möchte auch mal beißen und wissen, wie sich ein Euro anfühlt, wenn er die Kehle runter rutscht…

Meine Tochter und ich leiden beide unter Reiseübelkeit, deshalb schiebe ich die Party in meiner Magengegend während der Landung erstmal darauf. Mein Murmelkind hält sich zu dem Zeitpunkt noch ganz tapfer, wird aber zusehends stiller.

Gelandet… das Kofferband beginnt zu drehen.
Ein großäugiges weißnasiges Mädchen: „Mama… mir ist schlecht!“
Einem Bauchgefühl im doppelten Sinne folgend, habe  ich keinerlei Zweifel an ihrer Aussage. „Wollen wir uns mal eine Toilette suchen?“ Murmelkind nickt nur.
Ich nehme sie an die Hand, eile schnellen Schrittes über den Flughafen nebenbei einen Vortrag über Eventualitäten und Zwischenfälle haltend: „Wenn du nicht mehr kannst… dann lauf schnell da rüber… guck mal, hier sind überall Mülleimer… nicht hier auf den Bo…!“

Ich kann den Satz noch nicht einmal beenden, da erbricht sich mein geliebter kleiner Ableger direkt vor einer mit zwei Damen besetzten Bank, gegenüber den rotierenden Kofferbändern auf dem Flughafen unter wildem Geheul auf ihre und meine Schuhe.
Macht sie immer, wenn sie… immer schön kreischen vor Ekel.
Aus dem Augenwinkel sehe ich: Die Damen stehen jetzt auf der Bank und blicken angewidert.

Wir haben inzwischen noch etwas mehr Geschwindigkeit aufgenommen und rasen ohne rechts und links zu blicken auf die Tür mit der Strickmännchen-Dame zu. Beide mit lädierten Schuhen und mein Murmelkind mit bekotztem Ärmel.
Das Gebrüll hat sich gelegt.
Ich putze sie und mich. Kinder, ist mir schlecht!
„Geht’s dir wieder besser?“ Ihr allermunterstes Geplapper überzeugt mehr als das „Ja“ zum Einstieg.

Himmel! …was mach ich denn jetzt mit der Misere da draußen?
Ich muss zumindest Bescheid sagen, dass da jetzt keiner rein tritt. Würde ich mir ja auch von meinen Mitmenschen wünschen… wenigstens.

Vorsichtig Tür öffnen und um die Ecke linsen. Das menschliche Gewühl um die Kofferbänder hat sich verlaufen. Die Halle ist beinahe leer.
Gehe schuldbewusst mit gesenktem Kopf und munter plapperndem Kind an der Hand zum nächstbesten Flughafenmitarbeiter und beichte. Er weiß bereits Bescheid und hat eine Mitarbeiterin des Putzgeschwaders rekrutiert. 
Stammle Entschuldigungen im Schwall. Für ihn ist das in Ordnung.

Da wir an dem Putzwagen vorbei müssen, setze ich hier mein Gestammel fort. Die Mitarbeiterin des Putzgeschwaders hat den Blick der Damen auf der Bank… die inzwischen geflohen sind… übernommen.
Ich bedanke mich artig.

Wir werden wohl keine Freunde mehr… vielleicht im nächsten Leben.

Montag, 23. Juni 2014

Mobbing im gediegenen Eppendorf



Wir schreiben das Jahr 2013 und es geht um Kinder einer Grundschule mit Ganztagsbetreuung, organisiert vom Hamburger Schulverein.  Vier Mädchen im Alter von acht bis neun Jahren, unter denen es ständig Streit und Wirvertragenunswieder gibt.

Nach der Schule werden die Kinder von Teilzeitkräften in verschiedenen Gruppen betreut, machen Hausaufgaben unter Aufsicht, können an Kursen teilnehmen… eben was eine Ganztagsbetreuung so ausmacht… oder besser sollte.

Es ist Nachmittag. Leonie möchte sich mit Leyla und Burak wieder vertragen, weil ihre Freundin Momo in dieser Zeit zu einem Kurs ist und sie nicht alleine spielen möchte. Die drei stehen auf dem Flur im zweiten Stock und Burak bietet Leonie an: „Wir können uns wieder vertragen… aber nur, wenn du mit uns Pferd spielst.“ Leonie akzeptiert… sie hat keine Ahnung, was sie als Pferd in Buraks Sinne zu tun hat und lässt sich die Beine mit einem Seil zusammen binden, die ihr Burak dann mit einem Ruck am Seil wegreißt. Sie verliert  das Gleichgewicht und stürzt. Zusammen mit Leyla schleift Burak Leonie die Treppe hinunter bis ins Erdgeschoss. Erst dort wird sie von ihrer Fessel befreit. 
Sie ist tapfer und still.
Zu Hause wundert man sich über die Anzahl ihrer blauen Flecken.

Leonie vertraut sich einzig ihrer besten Freundin Momo an, die ebenfalls schon Opfer von Übergriffen Buraks und Leylas wurde.
Die beiden Mädchen erzählen ihren Eltern nichts, damit sie sich keine Sorgen machen… sie glauben, dass sie damit alleine fertig werden müssen… glauben, dass wenn sie sich Hilfe holen, alles nur noch schlimmer würde.

Dieses ist nur eine Geschichte von wahrscheinlich vielen, die Stück für Stück ans Tageslicht kommen, seit Leonie von der Schule genommen wurde. Sie hatte ständig Bauchschmerzen, die sich nicht medizinisch erklären ließen.
Leonies Freundin Momo hat jetzt von ihrer Lehrerin einen "Joker" bekommen, mit dem sie in der Schulzeit zu jedem Erwachsenen gehen kann, wenn es brenzelig für sie wird. Und dann MUSS der Erwachsene ihr helfen. Eine schöne Idee... hilft aber leider nur in der Schulzeit.

Burak und ihre Familie sind in Fachkreisen bereits als „problematisch“ bekannt, Leyla wird als Mitläufer eingestuft, die Eltern der beiden wenig einsichtig.

Was tun, wenn eine Schule unfähig ist, solche Aktionen zu verhindern? Weil es so etwas an einer Schule im gediegenen Eppendorf nicht gibt, nicht geben darf… ist ja schließlich kein sozialer Brennpunkt…
Wie gut ausgebildet sind Teilzeitkräfte des Hamburger Schulvereins, der sich in personellen Engpässen eines Personalservices bedient, deren Mitarbeiter er nicht einmal kennt?

Liebe Eltern, ich kann nur sagen… achtet genau auf eure Kinder…auf die kleinste Veränderung im Verhalten, es gibt immer eine Ursache…und kleine Mädchen können so stark sein, wenn sie glauben es sein zu müssen.
Sie haben nur eine Lobby… und das sind ihre Familien.

Freitag, 20. Juni 2014

Geburtstag Mallorquin



Es ist schon einige Jahre her... als ich der Deutschen Lieblingsinsel mal wieder einen Besuch abstattete. 
Ich traf ein paar Bekannte, genoss die Sonne und den Strand und war eines Abends zum Essen im Süden der Insel an der Playa de Palma verabredet. 

Wir waren zu viert, zwei Spanierinnen vom Festland, die ich nicht besonders gut kannte und mein österreichischer Freund Alois.
Im Laufe des Abends, die Stimmung war gelöst, guter Wein geflossen, stellte sich heraus, dass eine der Spanierinnen an diesem Tag Geburtstag hatte. Die olle Nudel hatte versucht, das vor uns geheim zu halten... Erfolglos!
Alois winkte kurzerhand den Kellner heran und bat um eine kleine Aufmerksamkeit für das Geburtstagskind. 

Kennt man ja so… ein Gläschen aufs Haus oder sonst eine nette Geste…
In Hamburg gibt es ein Lokal, da werden, um Geburtstagskinder zu überraschen, riesige mit Eis gefüllte Ananashälften unter musikalischem Getöse durch die Gegend getragen, begleitet von der gesamten Belegschaft, jeder eine Wunderkerze in der Hand. Erinnert immer irgendwie ein wenig ans "Traumschiff".

Der Kellner verstand und versprach, sich zu kümmern und verschwand.
Und wie er sich kümmerte.
Ein Ständchen trällernd und stolz wie ein Spanier kam unser mallorquinischer Kellner mit einem angeschnittenen Kuchen vom Nachmittag zurück. In diesen waren ein paar Geburtstagskerzen gerammt, die bereits brannten.

Wir starrten das Arrangement mit offenen Mündern an und begriffen zügig: Das war sein Ernst!
Unter schallendem Gelächter und lauter bewundernder „Ohs“ und „Ahs“ wurden die Kerzen vom Geburtstagskind ausgepustet.
Applaus!



Und dann?
Eine halbe Minute darauf rupfte der Kellner kurzerhand die Kerzen aus dem Kuchen, warf sie auf den Tisch und verschwand mit seinem Kuchen genau so stolz, wie er erschienen war und sorgte damit am Tisch für nicht mehr zu bremsende Heiterkeit.

Was soll ich sagen… das menschliche Wesen an sich ist doch immer wieder für eine Überraschung gut.

Montag, 16. Juni 2014

Flamenco in Büsum

Meine Zunge und ich sind uns in Sachen Genuss ziemlich einig. Was wir zu uns nehmen, muss gut sein… wenn wir schon fett davon werden.

Gemäß dem Motto: „Millionen Fliegen können nicht irren, Scheiße muss schmecken!“, sollte man bei der Wahl der Lokalität, in der man zu speisen gedenkt,  darauf achten, wie frequentiert der Laden ist. Ein gut besuchtes Restaurant ist meist ein Indiz für den gehobeneren Durchschnitt.
Eine riesige Karte, die aussagen soll: „Wir können alles!“, hingegen irritiert. Denn das kann eigentlich niemand.

So… und trotzdem bin ich reingefallen. Büsum. Fußgängerzone. „Flamenco“.
Ein einzig besetzter Tisch… nur Getränke… die Terrassenwände bepinselt mit den Angeboten aus der Karte unter Flaggen aus Spanien, Deutschland, Italien…mediterrane Küche getauft.
Die Rundumleuchte in meinem Kopf hätte  sofort anspringen müssen. Aber Hunger ist nicht nur der beste Koch, sondern auch ein Beschleuniger für IchwilljetzthiersitzenundsoforteinpaarTapas!

Das Personal bestand  komplett aus „Agadoren“. Falls sich jemand erinnert… Agador, das war der charmante Typ aus „The Birdcage-Ein Paradies für schrille Vögel“, der normalerweise den ganzen Tag barfuß lief und einzig für die bevorstehende Scharade in Schuhe und Buttler-Kluft gestopft wurde, was ihm zwar nicht unbedingt zum Vorteil gereichte, aber doch relativ spaßig anzusehen war.

Agadore gab es hier offensichtlich mehrere, was sich wie ein roter Faden bis in die Küche durchzog.
Die Bestellung kam komplett in Kolonne, von 3 Agadoren getragen, ob Vorspeise oder Hauptgericht...egal. Während des Serviervorgangs pampten sie sich gegenseitig an, wer denn jetzt für diesen Unsinn verantwortlich wäre. Der rustikale Tisch brach unter der Tellerlast beinahe zusammen. Die Kinder blickten verwirrt… ich auch…

Wir konzentrieren uns: Mein Gericht sollte laut Karte ein Seeteufel auf Ratatouille sein. Aber es war trockener Lachs in mundgerechten Stückchen, zusammen mit sehr bissfestem Gemüse in eine Auflaufform gekippt, gekrönt von einem darauf gestürzten Häufchen Reis, ein Hauch Petersilie on top. Interessantes Arrangement.
Nach dem ersten Bissen Lachs fragte ich mich, ob Agador in der Küche den Unterschied zwischen Lachs und Seeteufel überhaupt kannte. Oder war Fisch ein Sammelbegriff, für alles was Kiemen hat? Sollte ich hier etwa mit Anlauf verkaspert werden?
Vom Fischlein wechsel dich mal abgesehen… wie konnte ein Koch es schaffen, dass Fisch und Gemüse… eigentlich in einem Sud… Garstufen hatten, die qualitativ auseinander lagen wie die Pole unserer Erde? Wo hatte der Lachs sich zwischenzeitlich nur so lange sonnen können?

Ich stocherte lustlos in meinem Förmchen herum und fragte einen der servierenden Agadore, ob er wisse, dass das Lachs und kein Seeteufel sei. Unbefriedigende Antwort begleitet von hilflosem Schulterzucken war in etwa, der Koch hätte dann wohl keinen Seeteufel mehr gehabt.
Na dann… muss ich ja nicht wissen …
Und die Rechnung… die muss das auch nicht wissen…
Blöd nur… dass meine Zunge das gemerkt hat.

Bemühte Agadore in allen Ehren… wir waren nicht satt und ich bin sauer.

Sonntag, 15. Juni 2014

Mundwurf


Mein Murmelkind kommt nach Hause: „Mama, soll ich dir mal einen Witz erzählen?“
Muttern, anderweitig beschäftigt und nicht unbedingt scharf auf Kinderwitze: „Naaaa guuut…“
Tochter: „Also… Fritzchen bekommt Schimpfe von seiner Mama: `Man sagt nicht Maul… das heißt Mund!` Eine Weile später sagt Fritzchen zu seiner Mama: `Mama… ich hab mit Papa einen Mundwurf gesehen.`“

Ich muss zugeben… ich musste lachen.

Donnerstag, 12. Juni 2014

Fast Justice



Deutsche Rechtssprechung ist manchmal seltsam. 
Nehmen wir mal an, jemand ist noch verheiratet, schon seit Ewigkeiten getrennt lebend und findet die Liebe seines Lebens. 
Nur diesmal trägt die Liebe Früchte. 
Dann ist doch tatsächlich der gute alte Ehemann und zukünftige Ex vor dem Gesetz der Vater.
Selbst, wenn sich alle drei hinstellen, mit dem Finger auf die entsprechende Person zeigen und wie aus einem Munde tönen: „Er war´s!“, ist Justicia mit Mullbinden um die Augäpfel zu absoluter Blindheit verpflichtet.
Übel, oder?

Wer auch immer das gerade am meisten will… muss einen Antrag bei Gericht auf Feststellung der Vaterschaft stellen. Antragsberechtigt sind gem. § 1599b BGB der Mann, dessen Vaterschaft besteht, der Mann, der eidesstattlich versichert, der tatsächliche Vater zu sein, die Mutter und das Kind. Alle haben dazu 2 Jahre Zeit.
Ob Einstein das im zarten Alter von 2 Jahren hingekriegt hätte? Ich bin mal so mutig und wage das zu bezweifeln.

Hier geht es jetzt aber nicht um Einstein, sondern um Jonas, Jana und Josh. Jonas und Jana waren noch verheiratet, wohnten bereits getrennt und gingen jeder ihrer Wege. Dann tauchte Josh auf der Bildfläche auf und …huch! …war Jana schwanger. Da alle drei bestens im Bilde waren, wer jetzt wirklich daran beteiligt war, dachten sie: Alles klar!
Pustekuchen!

Um diesem Antrag auf Feststellung der Vaterschaft aus dem Wege zu gehen... weil es kostet ja... musste, solange Mutter und Kind noch inniglich Blutkreisläufe teilten, schnell die Scheidung her und der leibliche Vater sein Fleisch und Blut vor Geburt anerkennen.
Gesagt, getan…

Am Tag der Scheidung saßen Jonas und Jana, mit einem gemeinsamen Anwalt bewaffnet im Gericht und warteten auf die Verhandlung. 
Es war reger Betrieb auf dem Flur. Hier saßen ein paar Leute… dort huschten ein paar Roben…
Aufruf ins Gerichtszimmer... welches natürlich nicht annähernd so aussah, wie das, was uns im Fernsehen vorgegaukelt wird. Das Mobiliar war eher wie in mancher Schule angeordnet: 4 Tischreihen im Rechteck... Richter und zu Richtende saßen sich gegenüber.

Der Richter tat sich ausnehmend schwer, eine Situation, die bereits geklärt war in Worte zu kleiden… ist ja auch langweilig, alles noch einmal wiederzukäuen, was andere schon schriftlich in Reihe gebracht hatten. Also nuschelte er sich die Wörter von den Papieren in den Bart und etwas deutlicher dann was von einer gesetzlichen Widerspruchsfrist bis zur Rechtskraft der Scheidung in die Runde.

Jonas und Jana protestierten… oder besser ihr Anwalt… 
Diese Frist könne man nur umgehen, wenn beide Parteien einen Anwalt hätten, der die Scheidung so unterstützen würde, dass die Frist nicht gelte… so der Richter.
Jana proklamierte, dass sie eben eine von Zimmer zu Zimmer huschende anwaltliche Robe samt Inhalt auf dem Flur gesehen habe, die sich offensichtlich langweile und fragte, ob sie sich diese nicht kurz mal ausleihen könne.
Richter: „Wo?“
Jana: „Direkt vor der Tür…“ sprang hoch, riss die Tür auf und…hatte Glück.
Die Robe war noch da und hatte auch nichts dagegen mal eben ein Urteil zu unterschreiben.
So war die Scheidung rechtskräftig,  die Vaterschaft wurde vom eigentlichen Vater Josh anerkannt und ein Baby konnte in Frieden aufwachsen.

Manchmal zwinkert selbst Justicia hinter ihrer Mullbinde.

Mittwoch, 11. Juni 2014

Babyblues

Um mich herum schlüpfen momentan in rauen Mengen neue Erdenbürger… soll heißen: Die Welt ist voller angestrengter Damen mit abnehmenden Bäuchen, die dabei sind zu lernen, wie man eigentlich Mutter ist.  

Der mütterliche Körper ist in den ersten Wochen ziemlich hormongebeutelt und stellt von partieller Wohngelegenheit auf Milchbar um. Was für ein Zustand! Frau fühlt sich zwischen grenzenlosem Babyglück und weltschmerzlicher Traurigkeit hin und her gerissen. Bei manchen artet das etwas schlimmer aus… aber das wollen wir hier besser nicht vertiefen.

Mein Flummi war damals Zwoeinviertel Jahre alt und sehr scheu. Knapp vor Niederkunft meines zweiten Kindes hatte ich ihn in einer Kita eingewöhnt, was völlig für den Allerwertesten war, denn nachdem meine Tochter da war, konnte ich mit dem ganzen Spaß wieder von vorne anfangen.

So schleppte ich mich denn, mit nur spärlich verheilter Fleischwunde im Unterbauch, beiden Kindern unterm Arm und einem kreiselnden Hormonspiegel im Gepäck, morgens pünktlich zum Frühstück in die Kita.
Glücklicherweise schlief mein Neugeborenes gefühlte dreiundzwanzigeinhalb Stunden am Tag. Also konnte ich mich voll und ganz der anstehenden Eingewöhnung widmen, die sich wie folgt gestaltete:

An einer Zwergen-Tafel zwischen zwölf anderen Zwergen in seinem Alter auf einem Zwergen-Stühlchen sollte er sitzen.
Allerdings… nur mein Flummi sollte sitzen… für Mama war kein Platz… das war schon mal voll blöd und Grund für ihn, gleich wieder zu gehen. Hatte ihm ja das erste Mal auch schon nicht gefallen. Wo nochmal hatten wir die Schuhe hingestellt?
“Halt! Hiergeblieben!“ fing ich ihn wieder ein.

Jeder Zwerg hatte einen eigenen Teller und auch bereits ein kleines Messer vor der Nase. Auf dem Tisch standen Brot, Butter und jede Menge gesundes Zeug. Also jetzt auch noch selbst das Brot schmieren und belegen… welch Herausforderung! Das Messer segelte zu Boden. Dann doch lieber die kleinen Ärmchen um Mamas Hals schlingen und hoffen, erlöst zu werden.

Ich vergrub meine Nase kurz in seinem kleinen Hals... er duftete so gut! Dann biss ich die Zähne zusammen, hockte mich hinter sein Zwergen-Stühlchen und half ihm, Butterflöckchen auf seinem Zwergen-Brot zu verteilen. Es kullerten die ersten Tränen. 
Und was machte ich? Ich heulte mit!  
So heulten wir im Duett… er auf sein Brot und ich auf sein Stühlchen, hinter dem ich mich versteckte, damit er nicht sah, dass in meinem Gesicht gerade die Welt unterging. In diesem derangierten Zustand, war ich doch keine Hilfe! Und eigentlich war doch auch überhaupt nix los! Blöder Babyblues!

Die Erzieherinnen sahen mich mitleidig an, machten mimisch und gestisch klar,  dass sie an mütterliche Auftritte dieser Art gewöhnt wären und ich jetzt gehen könne. Sie würden mit der Situation schon zurechtkommen.
Sie walteten nach meinem tränenreichen Abgang so effektiv ihres Amtes, dass mein Flummi sich am nächsten Tag schon fast auf seine neuen Freunde freute.


Nach ein paar Tagen war ich hormonell wieder halbwegs hergestellt…zumindest gewannen die Hormone aus der Abteilung Milchbar die Oberhand… das sind die, die bei all dem neuen Stress eine langsamere Gangart lehren, einen so herrlich in Watte packen und geduldig machen, wie man es nie wieder sein wird.
Also Mädels… genießt den Zustand!
Und Jungs… sie können einfach nix dafür!

Dienstag, 10. Juni 2014

An der Ostsee



Wir liegen in Familie wie die Heringe nebeneinander im Ostseesand in der wärmenden Sonne. Plötzlich beginnt mein kuscheliger Sohn an meinem Bauch herum zu schnüffeln.

Mutter: „Und? Wonach riech ich?"
Sohn sinniert: „Da hab ich mal drin gewohnt.“
Mutter: „Ja… und nach dir hat da deine Schwester gewohnt… also wenn ich jetzt daran denke, wie eure Zimmer manchmal aussehen, möchte ich lieber nicht wissen, wie es jetzt in mir aussieht... Ich bin wohl ganz schön verwohnt.“

Tochter schweigt wissend.

Freitag, 6. Juni 2014

Bulgarische Knastaufseher



Damals … und jetzt meine ich wieder ganz damals ... als wir kleinen grünen Mädels beschlossen hatten, die DDR ohne zu fragen zu verlassen und als wir eines schönen sonnigen Tages an der bulgarischen Grenze geschnappt wurden ... landeten wir in Sofia in einem Gefängnis der dortigen Staatssicherheit.
Wie sich später herausstellte, hatte man sich dort im Sommer `89 auf Flüchtlinge aus der DDR spezialisiert … man sammelte sie, bis man einen Flieger zum Rücktransport komplett befüllen konnte.
Wir waren lediglich drei Wochen Gast dieser heimeligen Unterkunft.

Die Zelle, die wir Teenagegirls uns teilten, war ca. vier Quadratmeter, hatte kein Fenster und vor dem Podest, auf dem Matratzen lagen, war ein schmaler Gang. Dort standen Wasserkanister und Pinkeleimer. Über der Tür, die mit einem Spion ausgestattet war, hing hinter einem Gitter eine Glühlampe. Tagsüber lasen wir Mark Twain oder irgendwelche rote Schundliteratur und unsere Ernährung bestand vornehmlich aus Wasser und Brot mit Marmelade... eine sehr effektive Diät, wie ich fand.

Jeden Morgen flog die Tür auf und wir wurden, mit Pinkeleimer und Kanister im Gepäck, Wechselunterhose und Zahnbürste bewaffnet, zu einem Waschraum geführt. Dort befüllten bzw. entleerten wir ersteres wahlweise, wechselten unsere Unterhosen und wuschen sie mit Kernseife. 
Geistesgegenwärtig hatten wir auch noch unsere Zahnbürsten aus dem Gepäck gerissen, als man uns dieses abnahm. So konnten wir uns hygienisch wenigstens einigermaßen in Schuss halten. Anders als andere Insassen dieses Etablissements.

Hin und wieder vergaßen wir den Pinkeleimer, was dann zu hysterischem Gegacker führte … Himmel, was waren wir einfach zu erheitern! ... und ziemlichem Gestank für die nächsten vierundzwanzig Stunden. Ich hatte einmal den Fehler gemacht und war umgedreht, um den Eimer zu holen und diese Idee hatte mich um meine wohlverdiente Morgentoilette gebracht. Dann wählte ich doch lieber den Gestank … roch man eh nach einer Weile nicht mehr.

Der Waschraum war anscheinend eine Sehenswürdigkeit, denn die Eingangstür war voll verglast und es standen drei Stühle davor, die, sobald wir im Waschraum waren, voll besetzt wurden: Jeden Tag drei andere Heinis, in Uniform gestopft und mit Schlagstock versehen, die sich an der Tür die Nase platt drückten.

Glücklicherweise gab es hinter dem Raum mit den drei Waschbecken noch ein separiertes Eckchen, in dem sich die Dusche befand …davor eine weitere Tür … milchverglast. Was auch wirklich nötig war … denn es war Sommer, ziemlich heiß und die Dusche für uns die einzige Erfrischung des Tages.

Dass den Schlagstockheinis vor der Tür nicht gefiel, dass wir die hintere Tür zum Duschen schlossen, klingt jetzt irgendwie logisch.
So wurden unsere morgendlichen Duschaktionen zum täglichen Zankapfel zwischen ihnen und uns. Mal war die Tür angebunden und wir fummelten sie wieder los … mal war der Wasserhahn in der Dusche abgeschraubt, so dass wir einen von den Waschbecken entfernen mussten, um die Dusche wieder funktionstüchtig zu kriegen. Und jedes Mal flippten die Herrschaften schier aus und trommelten mit ihren Stöckchen gegen die Tür, dass wir dachten, gleich würden sie die Scheibe einschlagen.

Seltsamerweise haben sie sich nie in den Waschraum getraut … uns nie auch nur ein Haar gekrümmt.
Vielleicht war es unsere grenzenlose Naivität und Dreistigkeit, die uns vor Schaden bewahrte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass wir zu dritt waren … oder tro tz aller Umstände albern, wie Mädels es in dem Alter nun mal sind und damit einen gewissen Unterhaltungswert hatten.
Auf jeden Fall hatten wir, rückblickend betrachtet, verdammt viel Glück in den Sommermonaten dieses geschichtsträchtigen Jahres.

„Nach Aussagen ehemaliger bulgarischer Grenzoffiziere, die die bulgarische Zeitschrift "Anti" schon Anfang 1993 veröffentlichte, zahlte die DDR-Botschaft in Sofia bulgarischen Grenzern für jeden getöteten DDR-Flüchtling eine Prämie in Höhe von 2000 Lewa, damals umgerechnet etwa 1000 D-Mark - im bettelarmen Bulgarien ein kleines Vermögen…"
...nachzulesen im Spiegel Online

Mittwoch, 4. Juni 2014

Beißerei in der Pizzeria



Da das Wetter jetzt so schön sommerlich ist, fahren meine Tochter und ich neuerdings gerne den Schulweg mit dem Rad.
Dabei kommen wir direkt an einigen Restaurants vorbei, wenn wir den restlichen Weg am Alsterlauf zurücklegen wollen.

Heute, auf dem Rückweg von der Schule, flanierten vor uns eine Dame und ihr Mops. 
Als die zwei auf der Höhe einer Pizzeria waren, an deren Außentischen ein einzelner Herr saß, der vertieft eine Zeitung studierte, schoss unerwartet ein bis dahin für alle quasi unsichtbarer Terrier unter den Tischen hervor und biss den verdatterten Mops in seine linke Hüfte.
Die Mopsdame war so erschrocken, dass sie ihr geliebtes Tier im Affekt an der Leine in die Höhe riss, ein Stück zur Seite sprang und einen erstickten Schrei ausstieß.
Leider hatte sich der Terrier so in den Mops verbissen, dass dieser ebenfalls in die Höhe gerissen,  jetzt am Mops baumelte.

Meine Tochter und ich gingen voll in die Eisen, sonst hätten wir womöglich die Dame mit den aufgefädelten Hunden in ihrer Hand über den Haufen gefahren.

Das erschrockene Terrierherrchen sprang vom Tisch auf und zerrte an seinem Hund herum, während er ihn anschrie: „Du Mistviech… was ist denn mit dir los??!! AUS!! Lass sofort los!“ 
Der Terrier gab als Antwort gurgelnde Laute von sich und war nach wie vor nicht gewillt, den armen Mops am Leben zu lassen, der das ganze Theater still und stumm über sich ergehen ließ. 

Inzwischen war die Mopsdame geistig wieder soweit auf der Höhe, dass sie die aufgefädelten Hunde absetzte und, allerdings immer noch unter Schock stehend, wiederum den herbeieilenden Kellner anschrie: „Wasser!! ...Bringen Sie uns Wasser!! Schnell!“

Der Mann brüllte weiterhin seinen Hund an und dann kam auch schon das Wasser… der Terrier bekam eine Dusche ins Gesicht und ließ den armen Mops aus seinen Fängen.

Alle Leute, die in der Nähe an einer Ampel standen und auf das Geschehnis starrten, begannen wieder zu atmen. Auch die Ampel, die währenddessen vergessen hatte, auf grün zu schalten, nahm ihre Arbeit wieder auf… oder kam es uns nur so vor?

Die Mopsdame hatte ihren Liebling tröstend auf dem Arm, den sie gemeinsam mit dem Kellner streichelte und der Mann brüllte seinen Terrier, der jetzt erstarrt in einer Wasserpfütze hockte, immer noch an.

Wir stiegen wieder aufs Rad und verließen das Drama. Soweit ich im Vorbeifahren sehen konnte, halten sich die Verletzungen vom Mops in Grenzen.

Meine Tochter geschockt hinter mir auf dem Rad: „Der arme Mops! Ich weiß nicht so genau, ob ich mir noch einen Hund wünsche… ich möchte nicht, dass dem so etwas auch passiert.“

Dienstag, 3. Juni 2014

Strahlende Babys

Ich habe zwei extrem unterschiedliche Kinder… in jeder Hinsicht… das erkennt man bereits am Geschlecht.
Mein Sohn war schon als Baby sehr skeptisch und zurückhaltend. Was lediglich mal einen Kinderarzt zum Jubeln brachte: „Ich liebe ernste Babys, die nicht gleich jeden anstrahlen!“
Mutter, ungläubig blickend: „Aha!“

Meine Tochter dagegen, hat immer alle und jeden angelacht... was ja eigentlich ganz toll ist, denn fröhliche Babys sind allerorten gerne gelitten. Jedoch hatte das zur Folge, dass jeder dieses Kind… MEIN Kind anfassen und herzen musste. Anfangs ging es mir nur innerlich gegen den Strich, später versuchte ich mich zusammenzureißen, dass ich nicht aus der Haut fuhr. Irgendwann erfolglos.

Ein Kind im zarten Alter von ein paar Monaten ist doch auch nur ein Mensch und das fertiger, als alle gemeinhin denken… es hat zwar einen ziemlich eingeschränkten Bewegungsradius, denkt in Bildern und spricht in Lauten, die wahrscheinlich nur Mama deuten kann, aber wenn jemand in seine Privat- ja sogar Intimsphäre grapscht… so freundlich es auch gemeint ist, strahlt es auf einmal nicht mehr, sondern guckt ebenso angewidert aus der Wäsche, wie die Mutter.

Eines schönen sonnigen Tages hatten sich die freundlichen Übergriffe auf mein strahlendes Baby so gehäuft, dass ich der älteren Dame vor mir im Supermarkt an der Kasse im Gegenzug spontan und ebenso überaus freundlich  in die Wange kniff: „Dutzi dutzi… bist du aber NIEDLICH!“

Es war noch nie so still in einem Supermarkt.
Aber meine Tochter strahlte…

Morgendlicher Dialog



Sohn und Tochter im Auto… müssen auf 2 verschiedene Schulen verteilt werden.

Sohn: „Warum lässt du mich hier nicht raus?“
Mutter: „Oh… ich hätte dich jetzt eiskalt mitgenommen.“
Sohn, seine Sachen aus dem Auto nestelnd, murmelt: „Böse Mutter!“
Tochter tröstend zur Mutter: „Du bist keine böse Mutter… du bist eine müde Mutter… deshalb hast du ihn vergessen.“

Schön, wenn man in der eigenen Familie verstanden wird.